Vortragstext - Armes reiches Afrika

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Die militärische Zusammenarbeit der EU und AU.

Vortrag von Ursla Epple am 19. Oktober 2012 im EineWeltHaus

Seit den 1990er Jahren ist es zu einem massiven Ausbau der militärischen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union gekommen. Der Grund dafür sind die immensen Rohstoffvorkommen, deren Abbau und die Handelswege werden militärisch abgesichert.

Aufgrund der kolonialen Strukturen ist die EU für Afrika der wichtigste Handels-Partner. Der EU- Außenhandel mit Afrika beträgt 9% und ist von 2005 bis 2010 um fast 30% gestiegen. Im gleichen Zeitraum betrug der Zuwachs des gesamten deutschen Außenhandels knapp 25%. Die meisten afrikanischen Länder haben derzeit ein Wirtschaftswachstum von über 5%. Der Anteil Afrikas an der Weltwirtschaft liegt bei etwa 2%. Der Anteil Afrikas am Waffenhandel beträgt 7%. Der genehmigte deutsche Rüstungsexport in die Afrikanische Union ist zwischen 2006 und 2011 von 1,5 Mio. € auf 11 Mio. € gestiegen.

Der Warenaustausch zwischen den ehemaligen Kolonien und der EU ist aber seit je her ungleich verteilt. Nicht nur, dass es kaum innerafrikanischen Handel gibt, sind auch die Handelsbeziehungen mit landwirtschaftlichen Produkten zwischen der EU und Afrika ungleich, denn US- und EU Subventionen verzerren den Handel, und Zölle, die es eigentlich in der WTO nicht mehr geben dürfte, erschweren die Ausfuhr verarbeiteter landwirtschaftlicher Produkte.
Wichtiger als landwirtschaftliche Produkte sind für die Industrienationen und die Schwellenländer aber die mineralischen Rohstoffe und der EU liegt vor allem daran, diese möglichst billig und konkurrenzlos aus Afrika zu bekommen.

Dabei sind die Rohstoffe für die Entwicklung eines Landes, und das gilt nicht nur für den afrikanischen Kontinent, eher ein Fluch als ein Segen. Investitionen werden ausschließlich in den Abbau und Abtransport getätigt. Eine Verarbeitung und Industrialisierung vor Ort findet nicht statt. Die Arbeit in den Minen ist gefährlich und gesundheitsschädlich, die Löhne reichen kaum zum Leben, beim Abbau kommt es zu Konflikten mit dem Grundbesitz der Einheimischen. Die Auswirkungen beim Abbau, z.B. bei Gold, richten verheerende Umweltschäden an und das wirkt sich wiederum nachteilig auf die Landwirtschaft aus. Die einheimische Bevölkerung wird dann mit diesen Problemen allein gelassen und erhält meist keine Entschädigung für den Verlust ihrer Böden. Die abgebauten Rohstoffe werden in die Industrieländer exportiert und da weiterverarbeitet, wobei auch der größte Gewinn für die multinationalen Unternehmen anfällt.
Das zeigt, dass der Abbau der Rohstoffe für die Bevölkerung wenig Nutzen hat. Die Gelder die die multinationalen Unternehmen für Konzessionen und Steuern an die Regierungen bezahlen, bleiben bei der einheimischen Führungsschicht hängen und diese verwendet sie ausschließlich für sich. Darüber wird aber in unseren Medien kaum berichtet, die Berichterstattung über Afrika, beschränkt sich meistens auf Hunger, Elend, ethnische Auseinandersetzungen, die bürgerkriegsähnliche Ausmaße annehmen können. Dass diese Konflikte, wie alle Kriege, wirtschaftliche Gründe haben, kann nicht oft genug erwähnt werden und das gilt genauso für Afrika.

Im Schatten der großen Kriege im Irak, in Jugoslawien und in Afghanistan wurde, fast unmerklich, eine gewaltige Militärmaschinerie in Afrika aufgebaut, die weit über die bekannten Brennpunkte Somalia, Kongo und Sudan hinausgeht.

Während es den Europäern in den 50 Jahren nach der Dekolonisation mit ihrer Entwicklungspolitik nicht gelungen ist, flächendeckend eine Wasser- und Energieversorgung, ein Basisgesundheitssystem und Schulen bereitzustellen, ist es innerhalb von 20 Jahren fabelhaft gelungen, Afrika zu einer Militärbasis für EU Interessen zu etablieren und Soldaten und Polizisten für diese Zwecke auszubilden. Die Begründung für die Notwendigkeit dieser militärischen Maßnahmen zeigt wiederum, dass es nicht um die Anliegen der afrikanischen Bevölkerung geht.

EU-Rohstoffinteressen

Die Europäische Union fordert in ihrer Rohstoffinitiative von 2011 den schrankenlosen Zugang zu Rohstoffen. Die 1. von drei Säulen, auf denen die Initiative fußt besagt, dass die EU auf dem Weltmarkt Rohstoffe zu den gleichen Bedingungen beziehen können muss, wie ihre Konkurrenten. Diese Rohstoffinitiative darf nicht verwechselt werden mit der Initiative für die Transparenz in der Rohstoffwirtschaft, "Extractive Industries Transparency Initiative“ EITI, die eine Initiative der G8 ist und die Verwendung von Einkünften aus der Rohstoffgewinnung kontrollieren will. Natürlich nicht die der Konzerne, sondern der Exportländer. Angeblich soll damit verhindert werden, dass diese Einkünfte zur Finanzierung von Kriegen oder Konflikten verwendet werden. Als Ausgangspunkt für diese Initiative wird u.a. der Konflikt in Liberia und Sierra Leone genannt.
Die EU zählt zwei Gruppen von Metallen zu Kritischen Rohstoffen:

  1. Seltene Erden, eine Gruppe von 17 Metallen, darunter Yttrium oder Dysprosium, die vor allem in der Technologiebranche und bei der Herstellung moderner Waffen Verwendung finden und
  2. weitere 13 Metalle, wie z.B. Tantal, uns besser bekannt durch als Coltan.

Als kritisch gelten sie, weil sie ein hohes Risiko für Lieferengpässe bergen, weil der Abbau nur in wenigen Ländern stattfindet, und sie für die Wertschöpfungskette von strategischer Bedeutung sind.
Nun die Begründung aus Politik und Wirtschaft zur Berechtigung des hemmungslosen Abbaus der Rohstoffe:
Louis Michel, von 2004 bis 2009 EU-Entwicklungskommissar und bis heute Europaabgeordneter, vertritt die Ansicht, dass es legitim ist, die eigenen Interessen auch gegenüber Afrika offensiv zu vertreten. „Europa ist keine Heilsarmee, auch wir haben wirtschaftliche Interessen in Afrika“.

Der Bund Deutscher Industrie warnte 2009 ebenfalls vor einer drohenden „Rohstofflücke“, die zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen könne. Friedbert Pflüger, ehemals Staatssekretär im Verteidigungsministerium forderte in einem Artikel in dem Magazin „Internationale Politik“: „Die EU muss den Anspruch erheben, im Bereich Energie und Rohstoffe als Global Player aufzutreten. Es reicht nicht, in Lateinamerika oder Afrika Gender Projekte zu finanzieren… vielmehr muss die EU lernen, ihre Interessen auf den Schauplätzen der Welt zu definieren und durchzusetzen.
Um die Versorgung mit Wolfram, Seltenen Erden und ähnlichen Bodenschätzen auf den internationalen Rohstoffmärkten zu gewährleisten, will die EU-Kommission das Thema in alle Verhandlungen über Kooperationen und Handelserleichterung mit Drittstaaten aufnehmen. „Entwicklungshilfe für arme Herkunftsländer – speziell in Afrika – könnte von Rohstofflieferungen als Gegenleistung abhängig gemacht werden“.

Die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen“ ist seit langem eine verteidigungspolitische Begründung für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Im Koalitionsvertrag formulierte die Bundesregierung: „Die Folgen der sich verschärfenden Entwicklungsprobleme vor allem in Afrika, gefährden unmittelbar Frieden und Wohlstand in Deutschland und Europa.“

Bereits 2004 veröffentlichte das „Institute for Security Studies“ (ISS), eine EU- Denkfabrik, ein Papier unter dem Titel: „Europäische Verteidigung: Ein Vorschlag für ein Weißbuch“ und definierte zahlreiche vitale EU-Interessen, und verschiedene militärische Einsatzoptionen um diese EU-Interessen gewaltsam durchzusetzen. Als ein solches „vitales Interesse“ wird dort u.a. die „ökonomische Überlebensfähigkeit“ benannt. Die hierfür erforderliche „Mission“ sei der „Stabilitätsexport zum Schutz von Handelsrouten und dem Fluss von Rohstoffen“. Außerdem sieht es die EU-Militärpolitik als ihre direkte Aufgabe an, europäischen Konzernen den Zugang zu ausländischen Rohstoffvorkommen zu extrem günstigen Konditionen zu verschaffen, bzw. die vorhandenen, vorteilhaften Bedingungen zu erhalten.
Die Europäische Sicherheits - und Verteidigungspolitik ESVP, über deren Aufbau und Politik wir letztes Jahr mit dem Referat Hard Power berichteten, empfiehlt in dem Papier „What ambitions for European defence in 2020“ u.a, die globalen Reichen von den Spannungen und Problemen der Armen abzusichern. Auf den afrikanischen Kontinent bezogen, spielen diese Abschottungsoperationen vor allem bei den Flüchtlingsmissionen (Frontex), der Bekämpfung des Drogenhandels (Drogenhandel Analyse- und Operationszentrum Rauschgift (Maritime Analysis and Operations Centre – Narcotics, MAOC-N) und der Pirateriebekämpfung (Atalanta), eine Rolle.
Mit diesen Begründungen, also der Sorge um die europäische Sicherheit, begannen dann auch sogleich die Einsätze, Missionen, friedenserzwingende, friedenssichernde und friedenserhaltende Maßnahmen. Die europäische Militärstrategie konzentriert sich besonders auf Afrika, was einerseits an den Rohstoffen und andererseits an der kolonialen Vergangenheit liegt.

Der Schwerpunkt der bisherigen EU-Einsätze liegt in Afrika. Von den 28 Missionen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik GSVP fand der Großteil in Afrika statt. Ganz direkt wird der Kontinent auch als künftiges Haupteinsatzgebiet genannt. Diese prominente Rolle, die Afrika offensichtlich innerhalb der europäischen Militärpolitik spielt, zeigt, dass europäische Rohstoffinteressen für die EU -Militäreinsätze wie z.B. im Kongo, einem Land, das über große Mengen an Bodenschätzen verfügt (Artemis 2003 und EUFOR 2006) ausschlaggebend sind.

Aufbau des Militärs der Afrikanischen Union

Natürlich waren auch nach der Unabhängigkeit der meisten afrikanischen Staaten Militärangehörige der ehemaligen „Mutterländer“ anwesend, als Militärberater bis in die höchsten Ministerien. Als Entwicklungshelferin in den Jahren 72/73 habe ich erlebt, dass das gesamte Gesundheitswesen Kameruns von Militärärzten und sonstigen Militärs bestimmt wurde. Im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe waren neben Fußballtrainern auch Polizeiausbilder in afrikanischen Ländern. Die zunehmende Aufrüstung und vertragliche Einbindung begann aber erst in den 1990er Jahren mit der Militarisierung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und ab 2002 mit der neugeschaffenen Afrikanischen Union.

Davor gab es zwischen einzelnen afrikanischen Ländern auch Verträge über gegenseitigen Beistand, aber der intensive Ausbau der militärischen Zusammenarbeit zwischen der EU einerseits und der ECOWAS und AU begann nach dem Ende des sogenannten Kalten Krieges.

Militarisierung der ECOWAS (Economic Communitiy of West African States)

Beginnen wir mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft abgekürzt ECOWAS. 1975 in Lagos gegründet, war das ursprüngliche Ziel des Zusammenschlusses der Ausbau der wirtschaftlichen Integration. Jedoch bereits in den 1990er Jahren begannen unter dem Banner der ECOWAS Monitoring Group (ECOMOG) die ersten afrikanischen Militäreinsätze in Liberia 1990 und 1997/98 in Sierra Leone, wobei die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft als Wirtschaftsbündnis keinerlei sicherheitspolitisches Mandat hatte und nicht als Regionalorganisation im Sinne der UN-Charta gelten konnte. Die Einbindung der Militärstrukturen in das internationale Völkerrecht erfolgte später. Weitere Einsätze folgten in der Elfenbeinküste 2003 und Guinea Bissau.

Die Einsätze unter dem Banner der ECOWAS, die inzwischen über eine eigene Truppe die ECOBRIG (ECOWAS Standby Force) verfügt und auch Erfahrungen in UN-Missionen gesammelt hat, dienten als Vorbild für den Aufbau einer Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA), der von der EU unterstützt und vorangetrieben wird. Mit der Gründung der Afrikanischen Union 2002, die aus der Organisation für Afrikanische Einheit (1963-2002) hervorging, wurden sicherheitspolitische Strukturen geschaffen, welche gemeinsame Einsätze auf dem afrikanischen Kontinent ermöglichen und die AU als Regionalorganisation mit Aufgaben und Befugnissen der kollektiven Sicherheit im völkerrechtlichen Sinn qualifizierten.
2003 einigte sich die AU auf eine Eingreiftruppe und einen AU-Sicherheitsrat nach Vorbild der Vereinten Nationen mit Interventionsrecht. Die afrikanische Sicherheitsarchitektur umfasst demnach seit 2004 einen afrikanischen Friedens- und Sicherheitsrat, einen Militärausschuss und ein Frühwarnsystem bzw. Lagezentrum, das Krisen und Konflikte auf dem Kontinent beobachtet.

Im Gegensatz zur OAU deren Ziel es war, die Interessen der afrikanischen Staaten gegenüber der damals so genannten Ersten Welt zu bündeln und zu vertreten, sah die AU von Anfang an den Aufbau einer „Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur“ vor. Von Anfang an waren auch militärische Interventionen in ihren Mitgliedsstaaten und entsprechende Militär- und Entscheidungsstrukturen eingeplant. Ähnlich wie bei der ECOWAS konzentriert sich die Förderung der AU durch die EU nicht mehr auf wirtschaftliche und soziale Belange, sondern auf den sicherheitspolitischen Bereich.

Der Kern der Afrikanischen Sicherheitsarchitektur ist die African Standby Force, ASF
der AU, eine 15.000 Mann umfassende Eingreiftruppe, welche sich aus regionalen Brigaden zusammensetzt. Dazu wurden Regionalorganisationen im Norden, im Westen, im Zentrum, im Osten und im Süden Afrikas geschaffen: die Arab Maghreb Union (AMU) im Norden, die Communauté Economique des Etats de l’Afrique Centrale (CEEAC) im Zentrum, die Inter-Governmental Authority on Development (IGAD) im Osten und die Southern African Development Community (SADC) im Süden des Kontinents.

Die Ausbildung der Regionalbrigaden, die die African Standby-Force bilden sollen, geschieht in erster Linie in den Trainingszentren der Regionalorganisationen. De facto wird die Ausbildung und Aufstellung der ASF von europäischen Staaten über die Finanzierung dieser Zentren und der Entsendung europäischer Militärs in entscheidende Posten innerhalb der Ausbildungszentren kontrolliert. Die Ausbildungszentren in Westafrika, wo sich die meisten dieser Art befinden, sind das National Defence College in Abuja in Nigeria, das Kofi Annan International Peacekeeping Training Center in Accra in Ghana (KAIPTC) und die École de Maintien de la Paix Alioune Blondin Beye in Bamako in Mali. Die beiden letzteren werden direkt von Deutschland unterstützt. Bis 2006 wurde das Kofi Annan International Peacekeeping Training Center (KAIPTC) durch Deutschland mit sechs Millionen Euro unterstützt, wovon über die Hälfte aus der Entwicklungshilfe stammen (3,5 Millionen aus dem Haushalt des BMZ). Im Auftrag der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), seit 2011 Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ entwickelte das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) mit Sitz in Berlin, Trainingskurse im Bereich zivile Krisenprävention, Friedensbildung sowie Wahlbeobachtung.

Eine Zwischenbemerkung: Seit 2003 gehören Friedenssicherung und Sicherheit zu den Aufgaben der Entwicklungspolitik und werden mit Entwicklungshilfe gefördert. Dies geschieht unter dem Begriff: ODA: Official development asisstance. Wie wir aus den anfänglichen Begründungen für den Afghanistaneinsatz wissen, wird die Entwicklungszusammenarbeit und die zivile Hilfe zunehmend mit militärischer Intervention verzahnt, humanitäre Einsätze mit militärischen Einsätzen gekoppelt und aus dem Europäischen Entwicklungsfonds finanziert. Dies gilt auch für Afrika.

Zurück zu den Trainingszentren!
Großbritannien stellt am Kofi Annan International Peacekeeping Training Center KAIPTC den leitenden Direktor und den Finanzdirektor, hat also zentrale Positionen in dem Ausbildungscenter inne. Die Ecole de Maintien de la Paix Alioune Blondin Beye in Bamako wird vor allem von Frankreich betrieben und finanziert. Von Deutschland wurde die Schule durch einen Beitrag für die Baumaßnahmen unterstützt. Außerhalb Westafrikas wird das Peace Support Training Centre (PSTC) in Nairobi/Kenia durch die Bundesregierung mitfinanziert. Dass die Zentren ohne die Unterstützung durch europäische Länder nicht funktionieren würden, zeigt sich u.a daran, dass das Ausbildungszentrum der südafrikanischen Regionalbrigade in Simbabwe aufgrund der schlechten Beziehungen des Präsidenten Mugabe zum Westen keine Unterstützung erhält und deshalb seine Arbeit einstellen musste.

Finanzierung der APSA und African Peace Facility

Während die Mitgliedsstaaten selbst ihre Beiträge für die laufenden Kosten nur zu etwa 57% fristgerecht bereitstellen konnten, entschied sich die Europäische Union bereits 2004 im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds der AU 250 Mio. Euro bis 2007 für Militäreinsätze bereitzustellen. Für den Zeitraum 2008-2010 wurde der europäische Beitrag im Rahmen der African Peace Facility (APF) auf 300 Mio. Euro aufgestockt. Die EU will damit einen aktiven Beitrag beim Aufbau einer ständig einsatzbereiten afrikanischen Eingreiftruppe (African Standby Force) leisten, den sie de facto kontrolliert. Sie entscheidet auch, welche Einsätze mit welchen Summen aus der African Peace Facility unterstützt werden. Das südafrikanische Institute for Security Studies stellte 2008 fest, dass keiner der bislang durch die AU durchgeführten Militäreinsätze ohne die Beiträge aus der African Peace Facility möglich gewesen wäre. Darüber hinaus stellte es fest, dass die “eingebetteten ‘Berater’” aus Europa aufgrund ihres besseren Zugangs zu Ressourcen häufig “de facto die Kontrolle in wichtigen Bereichen beim Aufbau der afrikanischen Eingreiftruppe innehaben und einen beträchtlichen Einfluss auf die Konzepte, Standards und Entscheidungen auf allen Ebenen ausüben.

Recamp

Alle europäischen Staaten, die in Afrika Kolonien hatten, leisten Militärhilfe, die seit Ende des Kalten Krieges im Allgemeinen unter dem Label des Friedenserhalts Peacekeepings laufen. Großbritannien hat vor allem mobile Trainingsteams, die Übungen und Kurse in Afrika organisieren. Portugal und Belgien unterhalten in erster Linie Militärschulen und Ausbildungszentren in ihren ehemaligen Kolonien. Die Militärhilfe Frankreichs ist seit 1998 unter dem Programm RECAMP (Renforcement des capacités africaines au maintien de la paix) gebündelt. Das Ziel, so Gabriel de Bellescize, ehemaliger RECAMP-Botschafter, sei es, den Afrikanern zu helfen „die Architekten ihres eigenen Glücks zu werden”.
Mittlerweise ist RECAMP ein europäisches Programm und heißt jetzt Euro RECAMP. Die AU nennt es Amani Africa.
Die Ausbildungskomponente von EURO-RECAMP/Amani Africa ist in Zyklen unterteilt, die jeweils zwei Jahre laufen. Innerhalb dieser Zyklen werden Militärs auf allen Ebenen trainiert, afrikanische ranghohe Offiziere in Militärschulen in Afrika und Europa, rangniedere in simulierten Übungen oder im Feld. Neben der Ausbildung werden im Rahmen von RECAMP afrikanische Soldaten für Einsätze ausgerüstet. Frankreich hält dazu drei Ausrüstungsdepots auf französischen Militärbasen in Dakar, Libreville und Dschibuti für insgesamt drei Bataillone afrikanischer Soldaten bereit, die unter Führung der AU oder der UN eingesetzt werden sollen. Im Rahmen der Zuteilung dieser Ausrüstung, erhalten die Soldaten darüber hinaus ein letztes Training durch die französische Armee, die auch während des Einsatzes für das von ihr zur Verfügung gestellte Material verantwortlich ist und somit jederzeit Zugang zu den afrikanischen Einheiten hat.

COESPU Center of Excellence for Stability Police Units

Bei UN- Einsätzen in der Elfenbeinküste, in Liberia und Sierra Leone machten die Militärs man gute Erfahrungen mit Gendarmerien, also Einheiten, die sowohl polizeiliche als auch militärische Aufgaben wahrnehmen können. Sie sollen die Lücke zwischen den Fähigkeiten der Polizei und des Militärs schließen. Demnach wären Polizeieinheiten zwar in der Lage Kriminalität zu bekämpfen, in Situationen von Bürgerkriegen allerdings sowohl mit ihrem Selbstschutz als auch mit der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ überfordert. Das Militär wiederum wäre im Umgang mit Zivilisten vollkommen überfordert.
Dazu werden seit 2005 in Vicenza in Italien, Gendarmen für die Bereiche: „Crowd an Riot Control“, Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Festnahmen mit hohem Risiko, Gefängnissicherheit, Schutz sicherheitsempfindlicher Einrichtungen, Sicherung von Wahlen und prominenten Persönlichkeiten, sowie des Grenzschutzes ausgebildet .
Seit 2005 nahmen die Länder Senegal, Kamerun, Marokko, Kenia und Nigeria an den Kursen teil. Die Ausbildung der Gendarmen, obwohl v.a. von den USA finanziert – erfolgt in enger Abstimmung mit UN, EU, AU und ECOWAS und zielt eindeutig darauf ab, für künftige Einsätze der UN, der AU Personal bereit zu stellen, das nach den Vorstellungen der G8 ausgebildet wurde. Überspitzt ausgedrückt, werden hier die Führungskräfte derjenigen Polizeisoldaten ausgebildet, die, finanziert von der EU, von französischen Soldaten im Rahmen des EURO-RECAMP ihre Ausrüstung und ein letztes Training erhalten, bevor sie von europäischen Mitgliedsstaaten, einer EU-Unterstützungsmission oder der NATO ins Einsatzgebiet geflogen werden, um dort unter einem Mandat der UN, um welches sich die EU-Staaten bemühen, Konflikte befrieden sollen.

In Deutschland werden an der Führungsakademie der Bundeswehr (LGAI) in Hamburg Offiziere auch aus afrikanischen Staaten ausgebildet. Wer daran teilnimmt, bleibt jedoch meistens geheim.
Es zeigt sich also, dass die EU den Aufbau und Ausbau der Afrikanischen Sicherheits- und Friedensarchitektur sowohl finanziell als auch theoretisch unterstützt und das Deutschland bei den Einsätzen mit dabei ist, finanziell, personell und logistisch.
Ein Grund für den Aufbau der afrikanischen Militäreinheiten ist es, den Einsätzen ein afrikanisches Gesicht zu geben und die eigenen europäischen Verluste gering zu halten. Dafür wird die polizeiliche und militärische Ausbildung afrikanischer Soldaten finanziert.
Die EU- führt den Luftkrieg und die afrikanischen Bodentruppen dürfen dann ihren Kopf hinhalten. Die Ausbildung und Ausrüstung der Sicherheitskräfte soll dazu dienen, die Durchsetzungsfähigkeit der Regierungen, die häufig auf die Hauptstädte beschränkt ist, zumindest soweit ins Hinterland auszudehnen, dass die wirtschaftliche Ausbeutung etwa von Rohstoffvorkommen zumindest möglich ist. Denn die zunehmende soziale Verelendung und ökologische Verheerungen erhöhen das Risiko beständiger Gewaltkonflikte um Boden, Wald, Pipelines und die Lagerung von Umweltgiften.

Die NATO umschifft Afrika
Auch die NATO ist seit einigen Jahren verstärkt in Afrika aktiv. Für den Einsatz der Afrikanischen Union im Sudan (AMIS) koordinierte und unterstützte sie den Transport afrikanischer Soldaten ins Einsatzgebiet und deren Vorbereitung auf den Einsatz. Die westafrikanischen Küsten stellen neben dem Horn von Afrika auch einen deutlichen Schwerpunkt der NATO-Marineaktivitäten dar. Im Juli 2007 umschiffte ein Teil der NATO-Mittelmeerflotte ganz Afrika, um „die Fähigkeit der NATO zu demonstrieren, Sicherheit und internationales Recht auf hoher See zu gewährleisten“. Hierzu passierte die Flotte die westafrikanische Küste, zeigte Präsenz im Niger-Delta und fuhr dann weiter nach Südafrika, wo eine gemeinsame Übung mit der dortigen Marine abgehalten wurde. Anschließend besuchten die Kriegsschiffe noch die Seychellen und hielten ein Manöver vor
Somalia ab - wo ohnehin, ebenfalls seit 2001, ständig NATO Schiffe im Rahmen der Operation Enduring Freedom präsent sind.

Dschibuti

In Dschibuti ist die militärische Präsenz des „Westens“ am ausgeprägtesten.

Ein Staat, etwas größer als Hessen wurde zum Hauptstützpunkt der imperialistischen Staaten. Dschibuti verfügt über eine eigene Truppenstärke von etwa 4000 Mann, 48 gepanzerte Fahrzeuge, sechs Patrouillenboote, mehrere Transportflugzeuge und Hubschrauber. Daneben ist Dschibuti Sitz der größten französischen Militärbasis in Afrika. Die USA unterhalten in Dschibuti mit dem Camp Lemonnier und den dort stationierten annähernd 4.000 militärischen und zivilen Mitarbeitern ihre einzige permanente Militärbasis auf dem afrikanischen Kontinent.

Das war nun ein Überblick über die militärische Aufrüstung der AU unterstützt durch die EU.
Aber auch die USA hat strategische Interessen in Afrika, auf die hier nicht näher eingegangen wurde. In Stichworten erwähnenswert sind aber das Africom, das Einsatzkommando des US-Militärs für Afrika mit Sitz in Stuttgart und die Global Peace Operations Initiative (GPOI) einer Initiative der G8 von 2003. Im Rahmen dieses Programms werden Soldaten ausgebildet, die dann für multinationale, friedenserzwingende Einsätze zur Verfügung stehen.

Ausblick

Wie eingangs erwähnt, profitiert die afrikanische Bevölkerungsmehrheit nicht von den ungeheuren Profiten, die mit ihren Bodenschätzen gemacht werden. Noch weniger hat sie von dem vermeintlichen Schutz ihrer Armee, sondern gerade die sogenannten Missionen führen zu Flüchtlingsströmen und weiterer Destabilisierung.
In den meisten Ländern Afrikas wehren sich die Menschen inzwischen gegen die neoliberale Politik und den Ausverkauf ihrer Bodenschätze. Dies zeigt sich nicht nur bei Streiks in Südafrika und Protesten gegen Preiserhöhungen von Lebensmitteln oder Benzin in vielen Ländern, sondern eben auch bei sogenannten Aufständen.
Und anders als zu Beginn der 1990er Jahre wissen heute politisch bewusste Afrikaner_innen dass Neoliberalismus plus Privatisierung keine Demokratie bedeutet. „Weniger Staat!“, das ist nach der globalen Finanzkrise selbst in Afrika unverkäuflich geworden und Demokratie – das wären faire Handelsbeziehungen, Alphabetisierungskampagnen, Gesundheitsprogramme und Schaffung von Arbeitsplätzen.
Nachdem jahrzehntelang jede Opposition in afrikanischen Ländern blutig niedergeschlagen wurde und hier kein Wort darüber verloren wurde, -selbst die Apartheidpolitik in Südafrika wurde bis zum Ende in vielen Medien nicht ernsthaft kritisiert – ist das mit dem Internet und neuen Informationszugängen nicht mehr so einfach möglich. Inzwischen gibt es auch in fast allen afrikanischen Ländern soziale Bewegungen, Sozialforen, Gewerkschaften, deren Mitglieder die Widersprüche des Elends und des Reichtums erkannt haben und sie setzen sich zunehmend zur Wehr. Dabei besinnen sie sich auch wieder auf ihre kulturellen Werte:
Ein malischer Gewerkschaftsführer drückt es so aus: „Früher brachte jeder einen Stein, wenn ein Brunnen gebaut wurde. Diese Kultur, das Öffentliche auch als das Eigene zu betrachten, haben wir verloren, als Teil unserer ganzen kulturellen Entwurzelung. Die Menschen müssen heute anfangen zu begreifen, dass sie nicht Fremde sind bei sich selbst.“
Was können wir tun?

In den letzten Wochen sind mehrere Artikel erschienen in denen lobenswert die Mittelschicht afrikanischer Staaten erwähnt wird und dass es sich für uns lohnt in Afrika zu investieren. Aber das Wohlergehen einer afrikanischen „Mittelschicht“ und Gewinne aus Finanzierungen in Bodenspekulationen führen sicher nicht zu einem solidarischen Miteinander, was unser Interesse ist. Unsere sicher nicht leichte Aufgabe besteht darin, aufzuzeigen, dass nach wie vor die Ausbeutung der Bodenschätze und billige Arbeitskräfte für die Misere und Armut in Afrika verantwortlich sind. Ein Europa, das diesen immensen Militäraufwand zur Sicherung seiner Wirtschaft nötig hat und dafür auch noch den Friedensnobelpreis bekommt, kann keinen Frieden schaffen. Es gibt unzählige Bereich wo die Milliarden € die für Waffen und Militär verschwendet werden, besser angelegt wären.


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