antimilitaristische rundschau

Proteste in Pakistan

Nachdem Musharraf, der sich 1999 in Pakistan zum Präsidenten putschte, den obersten Richter des Landes, Iftikhar Muhammad Chaudhry, angeblich wegen Amtsmissbrauch entließ, regte sich Widerstand. In mehreren Städten kam es zu Demonstrationen, worauf die Regierung am 15.3. mit der Inhaftierung von etwa 100 Oppositionspolitikern reagierte und die Ausstrahlung einer Fernsehdebatte zu diesem Thema verbot. Dies ließ die Proteste weiter anschwellen. Polizei und Paramilitärs setzten Gummigeschosse und Tränengas gegen die äußerst heterogenen Demonstrationen ein. Musharraf ist seit seinem Putsch Präsident und Oberbefehlshaber der Armee gleichzeitig, was laut Pakistanischer Verfassung nicht möglich ist. Chaudhry hatte dies vor seiner Amtsenthebung mehrfach kritisiert und angekündigt, dies in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr zu dulden.
Während der Proteste besuchte die österreichische Außenministerin Pakistan und unterstrich die Bedeutung des Landes im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Ausnahmezustand in Guinea

Ausgedehnte Demonstrationen und Streiks brachten in Guinea die Bauxitförderung zum erliegen. Die Gewerkschaften forderten neben besseren Löhnen und höheren Steuern für internationale Konzerne auch, die Ernennung eines Premierministers der einen Teil der Macht vom ungeliebten Präsidenten Conté für den Rest seiner Amtszeit übernehmen solle. Conté rief daraufhin das Kriegsrecht aus, das allerdings völlig außer Kontrolle geriet. Die Militärs plünderten und vergewaltigten, ermordeten innerhalb weniger Tage über hundert Menschen. Eine Einheit rebellierte und lief auf die Seite der Gewerkschaften über. Die Abgeordneten des Parlaments bangten um ihr Hab und Gut und beendeten den Ausnahmezustand. Frankreich hatte zuvor ein Kriegsschiff entsandt und seine Truppen in Senegal und Elfenbeinküste aktiviert, aber auch mit den Gewerkschaftern Kontakt aufgenommen. Diese konnten in einem Kompromiss die Kandidaten für das Amt des Premierministers benennen.

Afrika, Afrika!

Am 17.7.2007 war der stellvertretende UN-Sekretär für Friedensmissionen, Jean-Marie Guehenno, zu Gast beim Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSC) der EU. Dort bat er die Vertreter der Mitgliedsstaaten um eine hochmobile Truppe, welche im Tschad, wo sich 230.000 Flüchtlinge aus dem Sudan aufhalten sollen, stationiert würde. Die UN plane gemeinsam mit der Afrikanischen Union (AU) eine Polizeimission, die zeitgleich im vierten Quartal 2007 beginnen soll. Die Regierung des Tschad sei in diese Pläne eingeweiht und einverstanden. Der EU Außenbeauftragte Javier Solana sowie UN Generalsekretär Ban Ki-moon unterstützen das zunehmende Engagement der EU, um das angrenzende Darfur zu stabilisieren. Bis Ende des Jahres sollen dort 26.000 Soldaten, ebenfalls in einer "hybriden" UN/AU-Mission stationiert werden.
Am selben Tag informierte der Portugiesische Vertreter des PSC den Verteidigungsausschuss des Europäischen Parlaments darüber, dass gegenwärtig eine ESVP Mission in Guinea-Bissau erwogen werde. Eine Sondierungsmission hätte bereits unter deutscher Ratspräsidentschaft stattgefunden. Ziel des Militäreinsatzes könnte unter anderem der zunehmende Drogenhandel in Westafrika sein. In dem kleinen Land an der westafrikanischen Küste mit knapp 1.5 Mio. Einwohnern gibt es außerdem unerschlossene Erdölvorkommen.

USA unerwünscht

Zweifellos hat ein neuer Rann auf Afrika begonnen, bei dem es klar um die dortigen Rohstoffe, insbesondere unerschlossene Ölquellen geht. Als Vorwand wird immer wieder das massive wirtschaftliche Engagement Chinas genannt, weshalb sich auch die EU und USA hier engagieren sollten. Die EU hat über die Finanzierung von AU-Missionen einen bedeutenden Fuß in der Tür die USA bilden in mehreren afrikanischen Staaten Anti-Terror-Einheiten aus. Zudem wollten die Vereinigten Staaten der wachsenden Bedeutung Afrikas durch ein eigenes Oberkommando ihrer Streitkräfte auf diesem Kontinent, das AfriCom, gerecht werden. Dieses ist momentan noch in Stuttgart angesiedelt, soll aber möglichst schnell nach Afrika verlegt werden. Seit April reist nun eine Delegation aus Vertretern des Pentagon und der staatlichen "Entwicklungshilfeorganisation" USAID durch die afrikanischen Staaten, wirbt für eine Stationierung des AfriCom im jeweiligen Land und blitzt dabei regelmäßig - mal mehr und mal weniger freundlich - ab. Besucht wurden zunächst Ghana, Senegal, Südafrika und Nigeria, dann Marokko, Libyen, Algerien, Ägypten, Äthiopien und Djibouti. Marokko galt als aussichtsreicher Kandidat, sagte aber ebenfalls ab. Libyen sprach sich gleich generell gegen US-Truppen auf dem ganzen Kontinent aus. Ein Beamter im Außenministerium folgerte aus der Ablehnung: "Wir haben ein großes Imageproblem dort unten … Die Öffentlichkeit ist wirklich absolut dagegen, mit den USA ins Bett zu steigen. Sie traut den USA nicht."

Krieg zu laut

Damit hat die Eliteeinheit der Bundeswehr wohl nicht gerechnet, da wollten sie ihre Kampfhandlungen so echt wie möglich üben - um Deutschland in aller Welt verteidigen zu können. Doch aus ihrer Häuserkampfübung wurde nichts. Das Training des KSK in der Buckenberg-Kaserne (Pforzheim) stieß auf so heftige Empörung seitens der Bevölkerung und Stadtverwaltung, dass die Übung, die von Mittwoch, dem 13.6.2007 bis Freitag, 15.6. geplant war, Donnerstags am Nachmittag abgebrochen wurde.
So flogen Bell-Hubschrauber über die Kindertagesstätte im Stadtteil Haidach, Scheiben zitterten von den Detonationen der Handgranaten und der Lärm der Maschinengewehre war unüberhörbar. Der Rektor einer in der Nähe liegenden Schule ging Anfangs noch davon aus, dass die Kaserne abgerissen wird. - welch schöne Vorstellung!
Ein Soldat versuchte die Übung zu rechtfertigen: Da der Bund bei Truppenübungsplätzen spare, müsste auf andere Objekte ausgewichen werden. Die Politik brachte fraktionsübergreifend ihr Missfallen zum Ausdruck und forderte Rechenschaft über die Vorfälle.

Kein ruhiges Hinterland

Als "Europas schönstes Gartenfest" bezeichnet sich das Sommerbiwak der 1. Panzerdivision der Bundeswehr, das alljährlich im Hannoveranischen Stadtpark nebst dem Congress Centrum der Stadt Tausende geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Militär versammelt, um im "zivilen Umfeld" dem "Zauber der Nacht" zu frönen. Seit zwei Jahren wird dieses von der Stadtverwaltung und Polizeidirektion unterstützte Fest gestört, diesen Juli erstmals durch eine breite, antimilitarisitische Bündnisdemo sowie autonome Kleingruppen. Die Sprechchöre lauteten dem Anlass entsprechend: "Saufen, saufen, fressen, fressen - Ihr führt Kriege schon vergessen?", und: "Schande, Schande, Mörderbande!" Auch im nahe gelegnen Gifhorn wurde am 11.07.2007 erstmals durch etwa 50 Antimilitaristen gegen den jährlich stattfindenden Besuch der Nijmegen-Marschierer der Bundeswehr demonstriert.
Im Juni erhielten bereits die Teilnehmer der vom Handelsblatt initiierten "Defence Conference" im Hotel "Schweizerhof" in Berlin ungebetenen Besuch durch die "Clandestine Insurgent Rebel Clown Army". Auch die Verleihung des Baden-Württembergischen Landesforschungspreises an das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg am 21.6.2007 wurde von Protestierenden gestört, weil das Institut Rüstungsforschung betreibt, die bei der Verleihung ausdrücklich gelobt wurde. Rekrutierungsveranstaltungen der Bundeswehr in Arbeitsagenturen wurden in den letzten zwei Monaten unter anderem in Rostock, Giessen und Köln gestört oder verhindert. Beobachter merken an, dass solche Veranstaltungen mittlerweile kaum noch öffentlich angekündigt werden, weder von der Truppe noch den Arbeitsagenturen.

Mars und Minerva

Am 27.2. sprach Herfried Münkler, Politik-Professor an der Berliner Humboldt-Universität und Protagonist der Theorie der "Neuen Kriege" beim "parlamentarischen Gesprächskreis Mars und Minerva" vor. Dort sprach er von der "post-heroischen" Gesellschaft, in der wir lebten und es immer schwerer sei, ausreichend und ausreichend motivierte Soldaten auch für riskante Einsätze zu gewinnen. Bedingt sei dies auch durch den demographischen Wandel, wer schickte denn schon gern den einzigen Sohn in den Krieg. Die Namensgebung des Gesprächskreises lehnt sich nach Angaben des vorsitzenden MdB Bernd Siebert (CDU Schwalm-Eder) "einerseits an den römischen Gott Mars, andererseits an Minerva, Schützerin des Handwerks und der gewerblichen Kunstfertigkeit sowie Erfinderin des Wagens" an. "So sollen Mars und Minerva symbolhaft für die Landstreitkräfte der Bundeswehr und die industrielle Wehrtechnik stehen." Der Gesprächskreis organisiert beispielsweise auch Kurzwehrübungen von Abgeordneten bei der Bundeswehr, MdB Kristina Köhler (CDU) weis davon zu berichten: "Ich war bei der Bundeswehr! Habe an einer Wehrübung teilgenommen!! Vier Tage lang Uniform tragen, in der Kaserne übernachten, militärisch grüßen, mit G36 zu schießen versuchen (ging sogar ganz gut) und mit MG3 (ging gar nicht)…"